Weißt du noch, wie das duftet? Dieses unvergleichliche, warme, süße Aroma, das durchs ganze Haus zieht und sofort Kindheitserinnerungen wachruft? Für mich ist das der Geruch von Mohnstriezel. Nicht irgendein süßes Teilchen, sondern DER Klassiker, der bei uns in der Familie seit Generationen zu jedem größeren Kaffee- oder Teetrinken einfach dazugehört. Und heute verrate ich dir das einzig wahre, das unschlagbare Originalrezept meiner Oma.
Aber Achtung: Dies ist kein Rezept für Eilige. Ein guter Mohnstriezel braucht Zeit, vor allem Geduld. Das ist kein Rührteig, den man mal so eben zusammenrührt. Hier geht es um einen klassischen Hefeteig, der gehen muss, der atmen will. Das ist Backen als Meditation. Aber glaub mir, der Aufwand lohnt sich so sehr! Am Ende wirst du mit einem saftigen, locker-luftigen Striezel belohnt, der jeden Bäckerneid weckt. Also, schnapp dir deine Schürze, mach dir einen Tee und lass uns gemeinsam dieses Stück Backkunst erschaffen.
Zutatenliste
Wir teilen das Ganze clevererweise in zwei Teile auf: den Teig und die Mohnfüllung. So behältst du den Überblick.
Für den Hefeteig
- 500 g glattes Mehl (Type W480 oder Type 405)
- 42 g frische Hefe (oder 1 Päckchen Trockenhefe, aber frische ist besser!)
- 80 g Zucker
- 1 Prise Salz
- 250 ml lauwarme Milch
- 1 Ei (Größe M)
- 1 Eigelb (für den Teig, das Eiweiß heben wir für später auf)
- 80 g weiche Butter
- Abgeriebene Schale einer halben ungespritzten Zitrone
Für die Mohnfüllung
- 250 g Mohn (gemahlen)
- 200 ml Milch
- 80 g Butter
- 80 g Zucker
- 1 Päckchen Vanillezucker
- 1 EL Honig (oder Rum, für die Erwachsenen-Variante)
- 50 g gehackte Mandeln oder Walnüsse
- 50 g Rosinen (optional, aber sehr lecker)
- Das aufbewahrte Eiweiß
Schritt-für-Schritt-Anleitung
1. Der Vorteig – das Fundament des Erfolgs
Dieser Schritt ist das Geheimnis für eine luftige Krume! Nimm etwa 100 g des Mehls und brösele die frische Hefe hinein. Verquirle die lauwarme Milch mit einem Teelöffel aus der Zuckermenge und gieße sie dazu. Alles mit einem Löffel zu einem glatten Brei verrühren, mit einem Küchentuch abdecken und an einen warmen, zugfreien Platz stellen. Lass ihn gehen, bis sich die Oberfläche schön beult und Blasen wirft. Das dauert etwa 15-20 Minuten. Dieser sogenannte „Dampfl“ ist dein Beweis, dass die Hefe lebendig und aktiv ist – das gibt Sicherheit!
2. Der Hauptteig – Kneten, bis es „ploppt“
Jetzt kommt der Rest des Mehls in eine große Rührschüssel. Gib den Zucker, die Prise Salz, das ganze Ei, das Eigelb, die weiche Butter und die Zitronenschale hinein. Gieße den fertigen Vorteig dazu. Nun heißt es: kneten! Ob mit der Küchenmaschine (Knethaken) oder mit den Händen – knete mindestens 10 Minuten lang. Der Teig ist anfangs sehr klebrig, aber gib nicht auf! Streue nur sparsam etwas Mehl dazu. Irgendwann wird er geschmeidig, glatt und löst sich vom Schüsselrand. Ein guter Test: Nimm ein kleines Stück Teig und dehne es vorsichtig auseinander. Wenn es so dünn wird, dass du fast durchschauen kannst, ohne dass es reißt (der berühmte „Fenstertest“), dann ist er perfekt. Den Teig zu einer Kugel formen, abdecken und wieder an den warmen Platz stellen. Jetzt muss er mindestens 1 Stunde gehen, bis er sich deutlich verdoppelt hat.
3. Die Mohnmasse – der aromatische Kern
Während der Teig geht, kümmern wir uns um die Füllung. Gib den Mohn mit der Milch und der Butter in einen Topf. Bei mittlerer Hitze unter Rühren erwärmen, bis sich die Butter aufgelöst hat. Nicht kochen lassen! Vom Herd nehmen und Zucker, Vanillezucker, Honig (oder Rum), Nüsse und Rosinen unterrühren. Abkühlen lassen. Das ist wichtig, denn wenn die Masse zu heiß ist, killst du die fleißige Hefe später. Kurz bevor du die Masse auf den Teig streichst, das aufbewahrte Eiweiß unterheben. Das bindet die Füllung und verhindert, dass sie ausläuft.
4. Das Formen – wo der Striezel zum Striezel wird
Heb den Teig vorsichtig aus der Schüssel und rolle ihn auf einer bemehlten Fläche zu einem großen Rechteck aus (ca. 40×30 cm). Die abgekühlte Mohnmasse gleichmäßig darauf verteilen, am Rand einen kleinen Rand frei lassen. Jetzt rollst du den Teig vorsichtig und fest von der längeren Seite her auf. Wichtig: Die Naht muss gut nach unten gedrückt werden, sonst öffnet sich der Striezel beim Backen. Die Enden schön verschließen. Leg die Rolle mit der Naht nach unten auf ein mit Backpapier belegtes Blech. Jetzt kommt der typische Look: Schneide mit einer scharfen Schere oder einem Messer im Abstand von ca. 3-4 cm schräge, etwa 2 cm tiefe Einschnitte in die Oberseite. Lass den Striezel nochmals 20-30 Minuten gehen, er sollte deutlich aufgehen.
5. Das Backen – der große Auftritt
Heize deinen Ofen auf 180°C Ober-/Unterhitze (160°C Umluft) vor. Bestreiche die Oberfläche des Striezels mit etwas Milch oder verquirltem Eigelb – das gibt später einen schönen Glanz. Backe ihn für etwa 35-40 Minuten in der Mitte des Ofens, bis er goldbraun ist. Der Duft wird betörend sein! Der Klopftest bringt Gewissheit: Klopfe auf den Boden des Striezels, klingt er hohl, ist er durch.
6. Die Geduldsprobe – das Abkühlen
Das ist der schwerste Schritt! Nimm den Striezel aus dem Ofen und lass ihn unbedingt komplett abkühlen, bevor du ihn anschneidest. Ja, ich weiß, die Versuchung ist riesig! Aber wenn du ihn warm anscheidest, quillt die Füllung heraus und der Teig wird klebrig. Warte, bis er handwarm ist. Das ist der Lohn für deine Geduld.
Anmerkungen und Variationen
Was tun, wenn’s mal nicht klappt?
- Der Teig geht nicht: Entweder war die Milch für den Vorteig zu heiß (die Hefe stirbt ab) oder der Platz war zu kalt. Stell die Schüssel mal auf die warme Herdplatte (Ofen aus!) oder in lauwarmes Wasser.
- Die Füllung läuft aus: Das Eiweiß fehlt oder war nicht steif genug. Oder der Teig war beim Rollen an einer Stelle zu dünn. Kein Weltuntergang, schmeckt trotzdem!
- Der Striezel ist innen roh: Ofen war zu heiß, außen wurde er zu schnell braun. Nächstes Mal Temperatur reduzieren und eventuell mit Alufolie abdecken, wenn er zu dunkel wird.
Spielwiese für Experimentierfreudige
Du kannst den Klassiker auch wunderbar abwandeln! Wie wär’s mit einer Schicht Powidl (Pflaumenmus) unter dem Mohn? Oder du streust grobe Zuckerkristalle vor dem Backen darüber, für einen knusprigen Crunch. Anstelle der Rosinen passen auch fein gehackte getrocknete Aprikosen hervorragend.
Trau dich ran! Dieser Mohnstriezel ist mehr als ein Rezept, er ist ein Erlebnis. Er verbindet Generationen und bringt Menschen an einen Tisch. Ich wünsche dir ganz viel Freude beim Nachbacken und ein wunderbares Stück Heimat auf dem Teller. Gutes Gelingen!