Weißt du, was ein perfekter Herbstabend ist? Für mich ist es dieser Moment, in dem der Duft von geschmortem Wild durch die ganze Wohnung zieht, ein Glas Rotwein in der Hand wärmt und man es sich mit einem cremigen, tiefaromatischen **Rehrücken Ragout** auf dem Teller so richtig gemütlich macht. Das ist kein einfaches Gulasch, nein. Das ist die Königsdisziplin der Wildküche – aber glaub mir, sie ist absolut machbar und wird dich mit ihrem zarten, saftigen Ergebnis und der unvergleichlichen Sauce belohnen. Ich zeige dir heute, wie du dieses kulinarische Highlight ganz ohne Hexerei auf den Tisch bringst. Lass uns gemeinsam dieses wunderbare Gericht zubereiten, bei dem die Cremigkeit der Sauce nicht von Unmengen an Sahne, sondern von einer cleveren Kochtechnik kommt.
Zutatenliste
Für dieses Ragout brauchst du keine exotischen Zutaten, aber auf die Qualität kommt es an. Nimm dir Zeit beim Einkauf, es lohnt sich!
- 600 g Rehrücken (vom Hirsch oder Reh), ausgenommen und in mundgerechte Stücke geschnitten
- 2 mittelgroße Zwiebeln
- 2 Möhren
- 1 Stange Staudensellerie
- 200 g Champignons
- 2 Knoblauchzehen
- 1 EL Tomatenmark
- 200 ml kräftiger Rotwein (z.B. Spätburgunder oder ein anderer, den du auch trinken würdest)
- 500 ml gute Wildfond (aus dem Glas ist absolut in Ordnung, selbstgemacht ist natürlich der Traum)
- 2 Zweige frischer Thymian
- 2 Lorbeerblätter
- 1 Wacholderbeere (optional, aber sehr empfehlenswert)
- 2 Nelken
- 3 EL Butterschmalz oder eine Mischung aus Butter und Öl
- 1 EL Mehl
- 2 EL Preiselbeeren (plus mehr zum Servieren)
- 100 g Crème fraîche
- Salz und frisch gemahlener Pfeffer aus der Mühle
Schritt-für-Schritt-Anleitung
1. Die perfekte Basis: Das Anbraten
Das Geheimnis eines guten Ragouts liegt im Braten. Nimm dir hierfür Zeit und hetze nicht! Nimm das Fleisch etwa 30 Minuten vor der Zubereitung aus dem Kühlschrank, damit es Raumtemperatur annimmt. Tupfe es gründlich mit Küchenpapier trocken – das ist der wichtigste Schritt für eine schöne Kruste. Erhitze in einem schweren Bräter (einem Dutch Oven oder einem gusseisernen Topf) das Butterschmalz bei mittlerer bis hoher Hitze. Brate das Fleisch in zwei Portionen scharf an, bis es von allen Seiten eine schöne, braune Farbe hat. Achte darauf, dass die Stücke nicht zu eng liegen, sonst dampfst du sie nur und sie werden grau. Nimm das angebratene Fleisch heraus und lege es beiseite.
2. Das Fundament des Geschmacks: Das Wurzelwerk
Im selben Bräter gibst du nun die fein gewürfelten Zwiebeln, Möhren und den Sellerie hinzu. Schmore sie bei mittlerer Hitze für etwa 5-7 Minuten, bis die Zwiebeln glasig werden. Gib die geviertelten Champignons und den fein gehackten Knoblauch hinzu und brate alles weitere 2 Minuten mit. Jetzt kommt der Gamechanger: Füge das Tomatenmark hinzu und rühre es gut unter. Lasse es für eine Minute mitbraten, bis es intensiv duftet und etwas dunkler wird – dieses „Anrösten“ des Tomatenmarks verleiht der gesamten Sauce eine wunderbare Tiefe.
3. Der magische Moment: Das Ablöschen und Schmoren
Lösche das Ganze mit dem Rotwein ab. Koche ihn kräftig ein, während du mit einem Holzlöffel den Bratensatz vom Boden des Topfes löst. Dieser Bratensatz ist reines Geschmacksgold! Gib das angebratene Fleisch samt allen Säften zurück in den Topf. Füge die Wildfond hinzu, bis das Fleisch fast bedeckt ist. Die Bouquet garni (Thymian, Lorbeer, Wacholder, Nelken) kommt nun dazu. Die Preiselbeeren ebenfalls einrühren – sie bringen eine wunderbare, dezent säuerliche Fruchtnote, die das Wild perfekt ergänzt.
Jetzt kommt der entscheidende Teil: Lasse die Flüssigkeit einmal kurz aufkochen, dann drehst du die Hitze so weit runter, dass die Flüssigkeit nur noch ganz leicht blubbert. Decke den Topf mit einem leicht schräg aufliegenden Deckel zu, sodass ein kleiner Spalt für das Entweichen von Dampf bleibt. Jetzt heißt es: Geduld haben. Das Ragout sollte nun für mindestens 1,5 bis 2 Stunden sanft vor sich hinschmoren. Rühre gelegentlich um. Das Fleisch ist perfekt, wenn es sich fast schon mit der Gabel zerteilen lässt.
4. Der letzte Schliff: Die Cremigkeit
Nimm das Ragout vom Herd und entferne die Bouquet garni. Jetzt kommt der Trick für die Cremigkeit, ohne dass die Sauce „mehlig“ schmeckt: Verquirle das Mehl mit 3 EL kalter Flüssigkeit (Wasser oder Fond) zu einem glatten Brei, einem sogenannten „Einbrenne-Ansatz“. Rühre diesen langsam in das heiße Ragout ein. Bringe es noch einmal kurz zum Kochen, damit das Mehl bindet und der „Mehlgeschmack“ verschwindet. Zum Schluss die Crème fraîche unterheben und das Ragout mit Salz und einer guten Portion frisch gemahlenem Pfeffer abschmecken. Nicht mehr kochen lassen, nachdem die Crème fraîche drin ist, sonst könnte sie flocken.
Anmerkungen und Variationen
Was tun, wenn’s mal nicht so läuft?
Ein häufiger Fehler ist zu hohe Hitze beim Schmoren. Das Fleisch wird dann zäh, anstatt zart zu werden. Wenn deine Sauce zu dünnflüssig ist, kannst du sie mit etwas Stärke, die in kaltem Wasser angerührt wurde, weiter binden. Ist sie zu dick, einfach mit etwas Fond oder Wasser verdünnen. Und keine Sorge, wenn du am nächsten Tag feststellst, dass das Ragout fest geworden ist – das ist völlig normal wegen des Gelatins im Fond. Einfach vorsichtig erwärmen, es wird wieder schön cremig.
Sei kreativ!
Dieses Rezept ist eine fantastische Basis, mit der du spielen kannst. Du kannst statt Champignons auch frische Steinpilze oder Pfifferlinge nehmen. Ein Schuss Portwein statt des Rotweins verleiht eine noch süßlichere, komplexere Note. Und für eine besonders herzhafte, rustikale Variante kannst du am Ende noch einen Teelöffel grünen Pfeffer im Mörser leicht anquetschen und unterheben.
Mit was servieren?
Das cremige **Rehrücken Ragout** ist ein absoluter Allrounder. Klassisch und unschlagbar ist selbstgemachtes Spätzle oder Knödel, die die Sauce perfekt aufsaugen. Aber es schmeckt auch fantastisch zu Bandnudeln, Kartoffelpüree vom Feinsten oder einfach nur mit einem guten, rustikalen Bauernbrot. Ein Klecks Preiselbeeren obendrauf und vielleicht noch etwas frische, gehackte Petersilie für die Farbe – und dein kulinarisches Meisterwerk ist komplett. Also, trau dich ran! Der Duft in deiner Küche und die leuchtenden Augen deiner Gäste werden deine Mühe mehr als belohnen. Guten Appetit




