Es ist fast ein bisschen magisch, oder? Wie aus nur drei einfachen Zutaten – Mehl, Wasser, Salz – ein Brot entstehen kann, das nicht nur unglaublich duftet, sondern auch so viel mehr Geschmack hat als alles, was man je gekauft hat. Der Schlüssel dazu ist dein eigener, selbst gemachter Sauerteig. Das ist kein Hexenwerk, sondern ein lebendiges Wesen, das du ganz einfach zu Hause aufziehen kannst. Stell dir vor, du hast deinen eigenen kleinen Mitbewohner im Glas, der nur darauf wartet, für dich das perfekte Brot zu backen. Heute zeige ich dir, wie du deinen ersten Sauerteig-Anstellgut von Null startest, ihn liebevoll pflegst und am Ende in einem unschlagbaren Brot verwandelst. Es ist ein Projekt, das Geduld braucht, aber die Belohnung ist jedes Wartens wert. Lass uns gemeinsam dein neues Lieblingshobby entdecken!
Zutatenliste
Für ein klassisches Roggenmischbrot benötigst du Folgendes. Hab keine Angst vor der kurzen Liste – die Magie steckt in der Technik.
- Für den Sauerteig: 100 g Roggenmehl (Type 997), 100 ml lauwarmes Wasser
- Für den Hauptteig: 400 g Weizenmehl (Type 550), 100 g Roggenmehl (Type 997), 300 ml lauwarmes Wasser, 10 g Salz, 150 g aktives Sauerteig-Anstellgut (das ist dein „Starter“)
Schritt-für-Schritt-Anleitung
Phase 1: Der Sauerteig – Dein neuer bester Freund
Der Anfang ist die reinste Bäckerkunst. Du erschaffst dir deine eigene Heimatkultur.
- Tag 1: Nimm ein sauberes, großes Einmachglas und verquirle darin 50 g Roggenmehl mit 50 ml lauwarmem Wasser zu einem dickflüssigen Brei. Deckel nur locker auflegen oder mit einem Tuch abdecken, damit die natürlichen Hefen aus der Luft hereinkönnen. Stelle das Glas an einen warmen Ort (idealerweise 22-26°C), vielleicht in die Nähe der Heizung oder in den leicht angewärmten (und ausgeschalteten!) Backofen. Jetzt beginnt das Warten.
- Tag 2 & 3: Du wirst vielleicht noch nicht viel sehen, aber die Mikroorganismen arbeiten bereits. Jeden Tag fütterst du deinen jungen Sauerteig: Nimm 50 g des Ansatzes (den Rest wirfst du weg – ja, das ist der „Abfall“, der dazugehört), gib ihn in ein neues sauberes Glas und verrühre ihn erneut mit 50 g Roggenmehl und 50 ml lauwarmem Wasser.
- Tag 4 & 5: Jetzt wird’s lebendig! Dein Sauerteig sollte Blasen werfen, sich deutlich vergrößern und einen angenehm säuerlich-fruchtigen Geruch verströmen. Weiterfüttern wie an Tag 2 und 3. Ein Profi-Tipp: Markiere mit einem Gummiband die Höhe des Teigs nach dem Füttern. So siehst du sofort, wie stark er wächst und ob er schon aktiv genug ist.
Nach etwa 5-7 Tagen ist dein Sauerteig bereit. Woran erkennst du das? Er sollte sich innerhalb von 4-8 Stunden nach der Fütterung nahezu verdoppeln, viele Blasen haben und schön luftig sein. Wenn er das tut, ist er bereit für sein großes Debüt im Brot.
Phase 2: Der große Tag – Das Brotbacken
Jetzt kommt der Teil, auf den du gewartet hast. Plane dafür einen Tag ein, an dem du viel zu Hause bist. Es ist ein meditativer Prozess.
- Schritt 1: Der Vorteig. Nimm 150 g deines aktiven Sauerteigs (der Rest bleibt im Glas als dein neues Anstellgut!) und vermische ihn in einer großen Schüssel mit allen 100 g Roggenmehl und 150 ml des lauwarmen Wassers. Verrühre alles zu einer glatten Masse. Diese Mischung nennt man auch „Anstellgut“. Decke die Schüssel mit einem feuchten Tuch ab und lass sie für 6-8 Stunden bei Raumtemperatur gehen. Sie wird schön blasig und luftig.
- Schritt 2: Der Hauptteig. Gib nun das Weizenmehl, das Salz und das restliche Wasser (150 ml) zum Vorteig in die Schüssel. Knete alles zunächst mit einem Kochlöffel, dann mit den Händen, bis sich alle Zutaten verbunden haben. Der Teig wird etwas klebrig sein – das ist gut so! Ein klassischer Fehler ist es, jetzt zu viel Mehl zuzugeben. Besser ist es, die Hände leicht zu befeuchten. Lass den Teig nun für 30 Minuten einfach liegen. Diese Autolyse macht den Teig wunderbar geschmeidig.
- Schritt 3: Die Teigführung. Jetzt knetest du den Teig nicht im klassischen Sinne, sondern führst ihn. Hebe eine Teigseite hoch, dehne sie und falte sie zur Mitte. Wiederhole das von allen vier „Seiten“ des Teigs. Das machst du alle 30 Minuten für die nächsten 2-3 Stunden (also etwa 4-6 Mal). Du wirst sehen, wie der Teig mit jeder Faltung stabiler und luftiger wird.
- Schritt 4: Formen und Finale Stückgare. Forme den Teig vorsichtig zu einem Laib, ohne die ganzen Luftblasen zu zerdrücken. Lege ihn mit der Nahtstelle nach oben in ein bemehltes Gärkörbchen oder ein Sieb, das mit einem Küchentuch ausgelegt und stark bemehlt ist. Decke ihn ab und stelle ihn für mindestens 12 Stunden (oder über Nacht) in den Kühlschrank. Diese kalte Gare ist der Game-Changer für den Geschmack!
- Schritt 5: Backen! Heize deinen Backofen eine Stunde vor dem Backen auf 250°C Ober-/Unterhitze vor. Stell ein hitzebeständiges Gefäß mit etwas Wasser mit in den Ofen oder nutze den Dampf deines Backofens, falls vorhanden. Hol deinen Teigling aus dem Kühlschrank, stürze ihn auf ein mit Backpapier belegtes Blech und ritze ihn mit einem scharfen Messer oder einem Rasierklingen-Ritzgerät kunstvoll ein. Das gibt ihm Raum zum Aufgehen. Schiebe das Blech in den Ofen und backe es für 15 Minuten mit Dampf. Dann die Temperatur auf 200°C reduzieren, den Dampf entfernen und weitere 35-40 Minuten backen, bis das Brot goldbraun ist und hohl klingt, wenn du auf den Boden klopfst.
Anmerkungen und Variationen
Willkommen in der Welt der Bäckerei-Experten! Hier ist Raum für Kreativität und deine persönliche Note.
Dein Sauerteig-Leben
Dein Anstellgut kannst du jetzt im Kühlschrank aufbewahren. Wenn du nicht jeden Tag backst, reicht es, ihn nur einmal pro Woche zu füttern. Nimm ihn dafür einen Tag vor dem Backen aus dem Kühlschrank, füttere ihn und warte, bis er wieder aktiv und blubbernd ist. Diesen aktiven Teil nimmst du für dein Brot, den Rest stellst du wieder in den Kühlschrank. Es ist ein ewiger Kreislauf – dein lebenslanger Begleiter.
Experimentiere mutig!
Du hast das Grundrezept drauf? Perfekt, jetzt wird’s spannend.
- Getreide variieren: Ersetze einen Teil des Weizenmehls durch Dinkelmehl für einen nussigen Geschmack. Oder probiere mal etwas Haferflocken oder Sonnenblumenkerne im Teig aus.
- Geschmack intensivieren: Gib einen Schuss Honig oder Malzsirup in den Teig für eine dunklere Krume und eine zartere Kruste.
- Das Timing ist alles: Spiele mit den Gärzeiten. Eine längere Stückgare im Kühlschrank (bis zu 24 Stunden) macht den Geschmack intensiver und säuerlicher. Finde deinen persönlichen Sweet Spot.
Der häufigste Fehler? Die Ungeduld. Gib deinem Teig die Zeit, die er braucht. Die Temperatur in deiner Küche ist entscheidend – an kalten Tagen dauert alles länger. Lerne, auf dein Gefühl und den Teig zu hören. Er wird dir zeigen, wann er bereit ist. Also, schnapp dir die Mehlpackung, wirf die Waage an und leg los. Deine Küche wird bald nach der besten Bäckerei der Stadt duften – deiner eigenen.




