Weißt du noch, wie Ketchup früher geschmeckt hat? Bevor er zur millionenfach produzierten, süßen, roten Soße wurde, die meist mehr mit Tomatenmark und Zucker zu tun hat als mit echten Tomaten? Es ist Zeit, das zu ändern. Stell dir vor, du schmierst dir eine Scheibe Brot mit einer selbst gemachten Bratwurst darauf und dann kommt dieser Ketchup: tiefrot, würzig, mit einer angenehmen Säure und einer Komplexität, die dich nach mehr greifen lässt. Dieser selbstgemachte Ketchup ist eine Offenbarung – und das Beste daran: Er ist einfacher zu machen, als du denkst. Du brauchst keinen Hightech-Kochkurs, sondern einfach ein bisschen Zeit und die Lust, etwas zu erschaffen, das deine Pommes, Burger und alles andere für immer verändern wird. Vergiss die Plastikflasche, wir holen uns den Geschmack zurück.
Zutatenliste
Hier geht es nicht um Exotisches, sondern um das Wesentliche. Die Magie entsteht durch die Kombination und die Zeit. Du wirst sehen, dass du das meiste davon wahrscheinlich schon im Haus hast.
- 2 kg sehr reife, fleischige Tomaten (am besten Roma oder San Marzano – je besser die Tomate, je intensiver der Ketchup)
- 2 mittelgroße Zwiebeln, fein gewürfelt
- 4 Knoblauchzehen, fein gehackt
- 150 ml Apfelessig (oder Weißweinessig für eine schärfere Note)
- 100 g Rohrohrzucker (oder brauner Zucker; die Menge je nach Süße der Tomaten und deinem Geschmack anpassen)
- 2 TL Salz
- 1 TL gemahlener Piment
- ½ TL gemahlener Nelke
- 1 TL Senfpulver
- Eine gute Prise Cayennepfeffer (oder mehr, wenn du Mut beweisen willst)
- Etwas frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
Schritt-für-Schritt-Anleitung
Von der Tomate zum Mus
Wasche die Tomaten und schneide sie grob in Viertel oder Achtel. Kein mühsames Häuten oder Entkernen – das erledigen wir später auf clevere Weise. Gib die Tomatenstücke zusammen mit den gewürfelten Zwiebeln und dem Knoblauch in einen großen, schweren Topf. Lasse das Ganze bei mittlerer Hitze so lange köcheln, bis die Tomaten komplett zusammengefallen sind und eine dickflüssige Masse bilden. Das dauert etwa 20-30 Minuten. Rühre ab und zu um, damit nichts am Boden ansetzt. Deine Küche wird jetzt schon himmlisch duften.
Der magische Passiervorgang
Jetzt kommt der entscheidende Trick, der deinen Ketchup wunderbar glatt und samtig macht, ohne lästige Kerne und Hautfetzen: die Flotten Lotte (ein Passiertopf). Wenn du keine hast, tut es auch ein feines Haarsieb und ein Löffel, mit dem du die Masse durchdrückst. Aber die Flotte Lotte ist ein Gamechanger für solche Projekte! Gib die weichgekochte Tomatenmasse portionsweise in die Passiervorrichtung und drehe oder drücke sie durch. Was unten herausläuft, ist das reinste, konzentrierte Tomatenmark. Die Haut und Kerne bleiben oben zurück. Siehst du? Das ist der pure Geschmack.
Die Würze des Lebens
Gib das passierte Tomatenmark zurück in den gesäuberten Topf. Füge nun den Essig, den Zucker, das Salz und alle Gewürze hinzu. Rühre alles gut um. Jetzt beginnt die Geduldsprobe. Lasse die Masse bei sehr, sehr niedriger Hitze für mindestens 45-60 Minuten einköcheln. Du musst jetzt regelmäßig umrühren, besonders gegen Ende, da der Ketchup anbrennen kann. Er wird dabei dunkler, dicker und die Aromen vermählen sich zu einer wunderbaren Symphonie. Er ist fertig, wenn er die Konsistenz hat, die du dir wünschst. Denk dran: Er wird beim Abkühlen noch etwas fester.
Ab in die Flasche
Fülle den heißen Ketchup sofort in saubere, heiß ausgespülte Glasflaschen oder Einmachgläser. Verschließe sie fest. Durch die Hitze entsteht ein Vakuum, das den Ketchup für mehrere Wochen im Kühlschrank haltbar macht. Wenn du ihn wirklich lange lagern willst, kannst du die gefüllten Flaschen für weitere 30 Minuten in einem Wasserbad einkochen – dann hält er sich monatelang.
Anmerkungen und Variationen
Dein Ketchup, deine Regeln
Das Grundrezept ist nur der Anfang. Hier wird es persönlich. Du bist der Chef in deiner Ketchup-Küche!
- Fruchtige Süße: Probiere mal, einen Teil des Zuckers durch Ahornsirup oder Dattelsirup zu ersetzen. Oder gebe eine handvoll entsteinte, getrocknete Aprikosen mit in den Kochtopf – sie geben eine wunderbare fruchtige Tiefe.
- Rauchige Tiefe: Ein halber Teelöffel Rauchsalz (Rauchpaprika funktioniert auch) verwandelt deinen Ketchup in die perfekte BBQ-Soße für deine Grillspezialitäten.
- Schärfe kickt: Für einen „Hot Ketchup“ kannst du eine klein gehackte Chili mitkochen oder am Ende einen Spritzer Tabasco oder eine Prise Chiliflocken hinzufügen.
- Äpfel für Fülle: Ein bis zwei geschälte und grob gewürfelte Äpfel, die mit den Tomaten mitgekocht werden, geben eine schöne, fruchtige Fülle und machen die Konsistenz noch samtiger.
Häufige Fehler und wie du sie vermeidest
- Der Ketchup wird nicht dick: Keine Panik! Das liegt oft an sehr wasserhaltigen Tomaten. Einfach weiterköcheln lassen, bis die überschüssige Flüssigkeit verdampft ist. Geduld ist hier der Schlüssel. Du kannst auch einen Teelöffel Tomatenmark unterrühren, um nachzuhelfen.
- Er schmeckt zu sauer: Ein bisschen mehr Zucker ausprobieren. Oft rundet sich der Geschmack aber auch erst nach ein bis zwei Tagen im Glas vollständig ab. Gib ihm Zeit!
- Er schmeckt langweilig: Das liegt meist an zu wenig Salz oder Würze. Probier ihn immer wieder ab und scheue dich nicht, noch eine Prise Salz, eine Messerspitze Senfpulver oder etwas mehr Pfeffer hinzuzufügen. Würzen ist ein Prozess.
Mach es dir zur Gewohnheit, eine Charge Ketchup zu kochen, wenn du im Spätsommer einen Korb voller überreifer Tomaten vom Markt bekommst. Es ist ein kleines Ritual, ein Stück Selbstversorgung und ein Geschenk an dein zukünftiges Ich. Du wirst nie wieder zurückwollen zu der industriellen Alternative. Also, schnapp dir den Topf und leg los. Deine Pommes warten schon auf ihre Verwandlung.




